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Was steckt hinter unseren Lebensmitteln?

Die Berücksichtigung des wahren Preises von Lebensmitteln im Kontext der Kreislaufwirtschaft offenbart die tiefgreifenden Diskrepanzen zwischen den aktuellen Marktpreisen und den tatsächlichen Kosten, die unserer Umwelt und Gesellschaft entstehen. Durch die Förderung eines erhöhten Bewusstseins und die Unterstützung politischer Maßnahmen, die eine nachhaltige Produktion und Konsum fördern, können wir einen Weg einschlagen, der nicht nur zu faireren Preisen führt, sondern auch die Grundlagen für ein gesünderes, gerechteres und nachhaltigeres Lebensmittelsystem legt.

20.03.2024
2 min

Auf den ersten Blick scheinen niedrige Lebensmittelpreise vorteilhaft für den Verbraucher. Sie ermöglichen den Zugang zu einer breiten Palette von Produkten, unabhängig vom Einkommen. Diese Preise spiegeln jedoch nicht die wahren Kosten wider, die durch die Produktion entstehen. Umweltschäden, wie die Erschöpfung natürlicher Ressourcen, der Verlust von Biodiversität und die Verschmutzung von Wasser und Boden, werden in der Regel nicht in den Preis von Lebensmitteln eingerechnet. Darüber hinaus berücksichtigen die aktuellen Preismodelle selten die sozialen Kosten, einschließlich der Arbeitsbedingungen derer, die unsere Lebensmittel anbauen, ernten und verarbeiten.

Politische Entscheidungen haben einen erheblichen Einfluss darauf, welche Lebensmittel produziert und wie sie vermarktet werden. Subventionen für bestimmte Agrarprodukte können zu einer Verzerrung der Marktpreise führen, indem sie die Kosten für bestimmte Lebensmittel künstlich senken. Dies kann zu einer Überproduktion und einem übermäßigen Verbrauch von Ressourcenintensiven Produkten führen, was wiederum die Umwelt belastet. Gleichzeitig erhalten nachhaltige Landwirtschaftspraktiken und kleinbäuerliche Betriebe oft nicht die Unterstützung, die sie benötigen, um wettbewerbsfähig zu sein, was die Vielfalt der verfügbaren Lebensmittel einschränkt und die Fortschritte in Richtung einer Kreislaufwirtschaft behindert.

Der Weg zu mehr Bewusstsein

Die Schaffung eines Bewusstseins für den wahren Preis von Lebensmitteln ist entscheidend, um Verbraucher dazu zu bewegen, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. Bildung und Transparenz sind hierbei Schlüsselkomponenten. Verbraucher müssen über die Umwelt- und Sozialkosten informiert werden, die mit der Produktion von Lebensmitteln verbunden sind. Dies kann durch Kennzeichnungssysteme geschehen, die über die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion Auskunft geben, oder durch Initiativen, die die Geschichten hinter unseren Lebensmitteln erzählen.

Ein umfassenderes Verständnis des wahren Preises von Lebensmitteln kann durch die Förderung lokaler und saisonaler Ernährung gesteigert werden. Lokale Lebensmittelketten sind oft weniger ressourcenintensiv und unterstützen die lokale Wirtschaft. Die Wertschätzung saisonaler Lebensmittel trägt dazu bei, die Nachfrage nach Produkten zu reduzieren, die unter umweltschädlichen Bedingungen oder mit unfairen Arbeitspraktiken angebaut werden. Dies wird bereits durch verschiedene Kennzeichnungen wie Biosiegel, Fairtrade und das Qualitätszeichen Südtirol unterstützt. Diese Siegel zertifizieren Lebensmittel, die strenge Kriterien erfüllen. Verbraucher sind bereit, den wahren Preis für diese Lebensmittel zu bezahlen, da sie sich bewusst sind, dass die Arbeiter fair entlohnt werden und die Umwelt geschützt wird. Es ist wichtig, dass solche Kennzeichnungen weiterhin gefördert und transparent kommuniziert werden, um das Bewusstsein der Verbraucher zu stärken und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion zu unterstützen.

Nehmen wir als Beispiel zwei Tomaten: die erste wird in Südeuropa unter Einsatz von Pestiziden und billigen Arbeitskräften angebaut; die zweite stammt aus einem regenerativen Landwirtschaftsbetrieb in Südtirol. Durch den Vergleich dieser beiden Anbaumethoden können wir nicht nur die wahren Kosten unserer Lebensmittel besser verstehen, sondern auch konstruktive Ansätze aufzeigen, wie diese transparent am Markt dargestellt und gehandelt werden könnten.

Die in Südeuropa angebaute Tomate profitiert von einem warmen Klima, das ganzjährig den Anbau ermöglicht. Allerdings wird dieser Vorteil oft durch den intensiven Einsatz von Pestiziden und den Rückgriff auf billige Arbeitskräfte erkauft. Die ökologischen Kosten manifestieren sich in Form von Bodenerosion, Wasserverschmutzung und einem Verlust an Biodiversität. Die sozialen Kosten sind ebenso gravierend: Arbeitskräfte werden oft unter prekären Bedingungen beschäftigt, mit niedrigen Löhnen und mangelndem Schutz ihrer Rechte.

Im Gegensatz dazu steht die Tomate aus Südtirol, die im Einklang mit den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft angebaut wird. Diese Methode legt den Fokus auf die Gesundheit des Bodens, den Erhalt der Biodiversität und die Schaffung von Kreisläufen, die Ressourcen schonen. Der Anbau ohne chemische Pestizide und unter fairen Arbeitsbedingungen hat zwar höhere Produktionskosten zur Folge, die ökologischen und sozialen Vorteile sind jedoch beträchtlich. Der Boden bleibt fruchtbar, die lokale Flora und Fauna wird geschützt, und die Arbeiter genießen faire Löhne sowie sichere Arbeitsbedingungen.

Transparente Darstellung der wahren Kosten

Die Herausforderung besteht darin, diese unterschiedlichen Kostenstrukturen transparent am Markt darzustellen. Eine Möglichkeit bietet das Konzept der „True Cost Accounting“ (Erfassung der wahren Kosten). Hierbei werden nicht nur die direkten Produktionskosten berücksichtigt, sondern auch die indirekten Kosten, die durch Umweltschäden oder soziale Ungerechtigkeiten entstehen. Dies könnte durch eine Kennzeichnung erfolgen, die Verbrauchern auf einen Blick zeigt, welche ökologischen und sozialen Kosten mit dem Anbau der Tomate verbunden sind.

Darüber hinaus könnten digitale Plattformen genutzt werden, um die Geschichten hinter den Produkten zu erzählen. QR-Codes auf Verpackungen könnten Konsumenten direkt zu Informationen über die Anbaubedingungen, die verwendeten Methoden und die Auswirkungen auf Umwelt.

Diese Entscheidung beeinflusst nicht nur unsere unmittelbare Umwelt und Gesundheit, sondern sendet auch ein starkes Signal an Landwirte, Unternehmen und Politiker weltweit: dass Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen und der Schutz natürlicher Ressourcen Werte sind, die in der modernen Gesellschaft einen hohen Stellenwert haben.

Förderung nachhaltiger Landwirtschaftspraktiken

Um die Transition zu einem nachhaltigeren Lebensmittelsystem weiter voranzutreiben, ist es essenziell, dass nachhaltige Landwirtschaftspraktiken nicht nur unterstützt, sondern auch finanziell gefördert werden. Subventionen, die derzeit oft konventionelle, ressourcenintensive Landwirtschaft begünstigen, könnten umgeschichtet werden, um ökologische Landwirtschaft, regenerative Praktiken und kleinbäuerliche Betriebe zu unterstützen. Dies würde den finanziellen Druck von den Produzenten nehmen, die sich für nachhaltige Methoden entscheiden und dabei helfen, die Kostendifferenz zwischen konventionell und nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu verringern.

Eine weitere wichtige Säule im Streben nach einem nachhaltigeren Lebensmittelsystem ist die Bildung. Schulen, Universitäten und öffentliche Bildungskampagnen spielen eine entscheidende Rolle dabei, Bewusstsein für die Themen Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit und die ökologischen Fußabdrücke unserer Lebensmittel zu schaffen. Durch Informationsvermittlung und Aufklärung können Konsumenten dazu befähigt werden, fundierte Entscheidungen zu treffen und aktiv nachhaltige Optionen zu wählen.

Die Berücksichtigung des wahren Preises von Lebensmitteln im Kontext der Kreislaufwirtschaft offenbart die tiefgreifenden Diskrepanzen zwischen den aktuellen Marktpreisen und den tatsächlichen Kosten, die unserer Umwelt und Gesellschaft entstehen. Durch die Förderung eines erhöhten Bewusstseins und die Unterstützung politischer Maßnahmen, die eine nachhaltige Produktion und Konsum fördern, können wir einen Weg einschlagen, der nicht nur zu faireren Preisen führt, sondern auch die Grundlagen für ein gesünderes, gerechteres und nachhaltigeres Lebensmittelsystem legt.

Hier eine Initative die sich für dem „True cost accounting of food“ einsetzt: True Cost Accounting • True Cost – From Costs to Benefits in Food and Farming (tca2f.org)

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